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Die Fähigkeit, mit sich selbst und anderen in Kontakt zu sein

Die Fähigkeit, mit sich selbst und anderen in Kontakt zu sein sowie sich dabei lebendig und wohl zu fühlen, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sie hängt von unseren seelisch-körperlichen Lern- bzw. Bindungserfahrungen von Beginn unseres Lebens ab. Der Traumatherapeut Laurence Heller geht von fünf potentiellen Kernfähigkeiten aus, die hierfür ausschlaggebend sind. Diese Fähigkeiten entwickeln wir aus dem positiven Beantwortetwerden unserer Kernbedürfnisse.

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In dem Maße, in dem unsere seelischen-körperlichen Kernbedürfnisse von Beginn unseres Lebens an erfüllt werden, entwickeln wir Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, uns im Erwachsenenalter wohl mit uns selbst zu fühlen sowie unsere Beziehungen lebendig, authentisch und glücklich zu gestalten. Nach Laurence Heller sind dies folgende fünf Kernbedürfnisse bzw. -fähigkeiten:

1. Kontakt: Fähigkeit, in Berührung mit unserem Körper und unseren Emotionen zu sein; Fähigkeit zu wirklichem Kontakt mit anderen

2. Einstimmung: Fähigkeit, auf eigene Bedürfnisse und Emotionen eingestimmt zu sein; Fähigkeit, physisch und emotional Nährendes zu erkennen, zu suchen und in sich aufzunehmen

3. Vertrauen: Fähigkeit zu einem gesunden Vertrauen in andere und zum Zulassen einer gesunden wechselseitigen Abhängigkeit

4. Autonomie: Fähigkeit, angemessene Grenzen zu setzen; Fähigkeit nein zu sagen und klar zu machen, wie weit andere gehen dürfen; Fähigkeit, ohne Angst und Schuldgefühle seine Meinung zu sagen

5. Liebe / Sexualität: Fähigkeit, mit einem offenen Herzen zu leben; Fähigkeit, liebevolle Beziehungen und eine lebendige Sexualität miteinander zu verbinden

Umgekehrt gilt allerdings auch: In dem Maße, in dem die Kernbedürfnisse unerfüllt bleiben, ist die Entwicklung einer stabilen, selbstsicheren Persönlichkeit erschwert. Der fließende Zugang zu sich selbst und anderen wird versperrt. Ängste, Abhängigkeitsgefühle, das Gefühl chronischer Überforderung und Stress, überflutende Wut, überflutende Trauer oder emotionale Erstarrung können die Folge sein. Die Kontakt- und Beziehungsfähigkeit wird dadurch negativ beeinträchtigt. Solche Entwicklungsdefizite sind aber kein statischer Endzustand, sondern unsere Kontakt- und Beziehungsfähigkeit kann sich im Laufe unseres Lebens verändern. Neue Erfahrungen können unsere Persönlichkeit umformen. Entscheidend ist, dass wir offen und achtsam sind, und versuchen aus aktuellen Beziehungserfahrungen zu lernen. Dann können neue, positivere Möglichkeiten des Kontaktes zu sich selbst und anderen entstehen. 

Literatur: Laurence Heller, Aline Lapierre; Entwicklungstrauma heilen; München 2013